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24. Januar 2022

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Die Fenster des Blockheizkraftwerkes bei GE Power in Lichterfelde leuchten bei Nacht.

Wärmewende im Betrieb

Deutschland und damit das Land Berlin haben sich das Ziel gesetzt, auf fossile Energieträger wie Kohle und Öl für die Wärmeerzeugung weitgehend zu verzichten und vorhandene Wärme effizienter zu nutzen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sogenannten „Wärmewende“. Auch Sie als Gewerbetreibende_r können hierzu einen großen Beitrag leisten.

Durch den Wechsel zu einem klimafreundlichen Wärmeversorger, der energieeffizienten Optimierung von Anlagen und technischer Infrastruktur oder den Aufbau eigener Wärmerückgewinnungs- und Erzeugungsanlagen – die Möglichkeiten sind umfassend und lassen sich zwar am einfachsten im Neubau, jedoch dank zahlreicher Beratungs- und Fördermöglichkeiten, auch sinnvoll im Bestand umsetzen. 

 

Anschluss an ein bestehendes Fernwärmenetz

Der Umstieg von einer Öl- oder Gasheizung zur Fernwärme gilt als ein erster Schritt in Richtung Klimaschutz, da die Erzeugung von Fernwärme oftmals in einem Kraft-Wärme-Kopplungsprozess erfolgt, bei dem gleichzeitig Strom erzeugt wird. Darüber hinaus kommen je nach Gebiet und Versorger auch regenerative Energien bzw. Biomasse zum Einsatz. In Berlin ist aktuell Vattenfall größter Anbieter von Fernwärme. Ob ein Fernwärmeanschluss in Ihrem Postleitzahlgebiet möglich ist, wird Ihnen auf der Webseite von Vattenfall angezeigt. Ob ein Anschluss für Ihr konkretes Grundstück möglich ist, kann anschließend in einem persönlichen Gespräch geprüft werden. In einzelnen Quartieren betreiben z. B. E.ON oder die BTB Blockheizkraftwerks- Träger- und Betreibergesellschaft mbH Berlin einzelne davon losgelöste Fernwärmenetze.

Neben großflächigen Fernwärmenetzen geht der Trend immer mehr zu Lösungen auf Einzelgebäude- oder Quartiersebene – man spricht in diesem Fall von Nahwärmenetzen. Diese können ebenfalls von großen Energieversorgern, aber auch von kleinen Anbietern aufgebaut werden.

 

Kraft-Wärme-Koppelung (kurz: KWK)

KWK ist ein Prozess, bei dem Strom und Wärme gleichzeitig gewonnen werden. Üblich ist hierfür der Betrieb eines Blockheizkraftwerks, BHKW genannt. BHKW haben einen geringen Energieverlust und existieren in unterschiedlichen Größenordnungen – so versorgt das BHKW des Heizkraftwerks Mitte von Vattenfall viele Berliner Haushalte und Gewerbe mit Strom und Fernwärme, aber auch einzelne Standorte. Größere Gebäudeeinheiten können so dezentral über ein eigenes BHKW auch in Kombination mit anderen Technologien wie z. B. Wärmepumpen versorgt werden. 

Wenn Sie sich mit Wärmegewinnung beschäftigen, wird Ihnen auch häufig der Begriff „Power to heat“ über den Weg laufen. Hierbei handelt es sich um den Prozess, in dem Wärme durch Strom erzeugt wird. Das ist sinnvoll, wenn eigene Stromgewinnungsanlagen einen Überschuss erzeugen, der nicht verbraucht werden kann, z. B. aus eigenen Photovoltaikanlagen oder Windkraft. 

Diese und weitere Technologien kann man konkret für einen Standort passgenau konfigurieren. Bei der oben abgebildeten Anlage sieht man eine mögliche Kombination. Diese besteht aus einer Photovoltaikanlage mit einer Elektro-Batterie, einem großen Wärmespeicher, bei dem man elektrische Heizpatronen nachrüsten kann, sowie modernen Heizkesseln und einer Elektro-Ladestation für Lkw. Zusätzlich wurden die Lüftungsanlagen und die Gebäudeleittechnik (GLT) erneuert, die Beleuchtung im Objekt komplett auf LED umgestellt sowie Pumpen und Wärmedämmungen ausgetauscht. 
 

Aufbau einer eigenen Wärmegewinnungsanlage oder eines Versorgungsnetzes

  • Es bestehen mehrere Möglichkeiten, Wärme vor Ort selbst zu gewinnen. Die gängigste Möglichkeit hierfür ist: Einbau eines eigenen BHKW. Wie bereits erwähnt, eignen sich eigene BHKWs für einzelne Gebäude als auch für Quartiere und sind somit in unterschiedlichen Größen und Leistungsstärken erhältlich. Entsprechend variieren auch die Anschaffungs- und Betriebs­kosten stark. Für den Betrieb eines BHKW sind verschiedene Brennstoffe wie Erdgas, Biomethan, Holzpellets, Pflanzenöl oder Biodiesel möglich. Zur Deckung von Spitzenlasten wird zusätzlich zum BHKW in der Regel ein weiterer Heizkessel eingebaut. Dieser springt ein, falls das BHKW den Wärmebedarf bei Spitzenlasten nicht decken kann. Die Kosten für Mikro-BHKW beginnen bei 11.000 EUR, leistungsstärkere Anlagen gibt es ab 30.000 EUR. Für die jährlichen Wartungskosten sollten 8 Prozent der Investitionskosten veranschlagt werden.
  • Solarthermie (= Solaranlagen) kann sowohl für die allgemeine Wärmeversorgung als auch lediglich für die Warmwassererzeugung genutzt werden. Die Effizienz einer Solarthermie-Anlage hängt stark von den vorhandenen baulichen Gegebenheiten ab (z. B. Neigungswinkel und Ausrichtung des Daches, Verschattung, Tragfähigkeit der Dachflächen oder Fassade). Aufgrund der nur geringen Speicherfähigkeit lohnt sich Solarthermie häufig nur für solche Gewerbeeinheiten, die auch in den Sommermonaten einen konstanten Wärme- oder Warmwasserverbrauch haben. Eine Kombination aus Gewinnung von Strom als auch Wärme durch Sonnenenergie wird durch sogenannte Hybridanlagen ermöglicht.
  • Eine Luft-Wasser-Wärme-Pumpe ist eine preiswerte und einfach zu installierende Möglichkeit, um Umgebungswärme für das eigene Heiz- oder Warmwassersystem zu nutzen. Durch einen Ventilator wird Luft angesogen und in das Heizsystem geleitet, wo sie durch einen Wärmetauscher zu Heizzwecken umgewandelt wird. Nachteil: An kalten Tagen verringert sich die Kosten- als auch Energieeffizienz dieses Systems entsprechend. Mit solchen Anlagen ist auch ein Kühlen im Sommer möglich. Als nachhaltigste Energiequelle für die Stromversorgung bieten sich dann Photovoltaikanlagen und im Winter beim Heizen BHKW an.
  • Gewinnung von Erdwärme durch Wärmepumpen. Hierbei bedient man sich der Wärme des Erdbodens und des Grundwassers. Diese Wärme wird durch Wärmepumpen auf das gewünschte Wärmeniveau des Verbrauchers gehoben. Die Temperatur des Untergrunds hängt stark u. a. auch von der Besiedlungsdichte ab und ist in Berlin Mitte entsprechend höher als im Umland. Erdwärmekollektoren für einzelne Gebäude werden üblicherweise in einer oberflächen­nahen Tiefe von rund 1,5 m waagerecht in der Erde verlegt. In eine höhere Tiefe gelangt eine Erdwärmesonde, was für kalte Winter von Vorteil ist, aber mit höherem Planungs- und Wartungs­aufwand verbunden ist. Der Primärenergieaufwand ist dennoch geringer als bei Luft-Wasser-Wärme-Pumpen und führt zu günstigeren Wärmekosten. Bohrungen für Erdwärmesonden sind in Berlin maximal 99 m tief, für die Anlagen bedarf es nach § 8 WHG einer wasserbehördlichen Erlaubnis. Auch diese Technik eignet sich zum Kühlen im Sommer. Als Energiequelle für die Stromversorgung bieten sich dann Photovoltaikanlagen und im Winter beim Heizen BHKW an.
  • Gewinnung von Wärme aus Abwasser. Verläuft nahe des eigenen Unternehmensstandortes eine Abwasserleitung, besteht ggf. die Möglichkeit, mittels Einbau einer Wärmepumpe die ungenutzte Wärme des Abwassers für den eigenen Betrieb zu nutzen. Das Prinzip ist das gleiche wie bei den o. a. Wärmepumpen beschrieben, nur das hier das in der Regel relativ warme Abwasser als Wärmequelle genutzt wird.
  • Prozesswärme kann durch technische Optimierung der Anlagen bzw. eines Prozesses reduziert oder die entstehende Abwärme genutzt werden, z. B. für Kühlungsprozesse unter Verwendung von Absorptions-Kältemaschinen oder in weiteren Prozessen der Fertigung. Durch Optimierung und intelligente Nutzung von Wärme kann der Energieverbrauch um bis zu 25 Prozent gesenkt werden.
  • Der Aufbau eines unternehmensübergreifenden Nahwärmenetzes eignet sich besonders dann, wenn sich im Umfeld Unternehmen mit verschiedenen Verbräuchen und Bedarfen befinden. Verschiedene Wärmequellen können hier eingebunden werden. 

Beispiel:

Firma X produziert im Zuge ihrer Produktionsprozesse erhebliche Abwärmemengen, die über den eigenen Bedarf an Wärme hinausgehen. Das benachbarte Unternehmen Y verfügt hingegen selbst über keine eigenen Wärmeerzeuger, aber benötigt sowohl Wärme im Winter als auch Kühlung im Sommer. Hierfür kann eine Nutzung der Abwärme des Nachbarn erfolgen, die sonst ungenutzt verpufft wäre. 

Für alle Wärmegewinnungsanlagen gilt: Sofern Sie keine eigenen fachlichen Kompetenzen im Unternehmen haben, nutzen Sie die zahlreichen bestehenden Beratungsangebote, bevor Sie sich für eine Technik entscheiden. Der Bedarf als auch die Möglichkeiten sind genauso individuell wie Ihr Unternehmen und durch den frühzeitigen Einbezug von Fachleuten vermeiden Sie Frustration und Fehlplanungen.

Durch den Einsatz von Pellet- oder Holzhackschnitzelanlagen oder anderer Nutzung von Biomasse kann der Wärmebedarf ebenfalls gedeckt werden. Holz ist ein lokaler und umweltfreundlicher Brennstoff, der in großen Mengen nachwachsen kann, CO2-neutral verbrennt und von internationalen Krisenherden unabhängig macht.

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Ein Kessel für Holzpellets steht im Heizkeller der Firma Märkische Kiste.
Holzpelletkessel bei der Märkischen Kiste, Quelle: Kofler Energies GmbH

 

Beispiel:

Im Unternehmen Märkische Kiste, einem Unternehmen im Netzwerk Motzener Straße, können durch Maßnahmen, die mit der Kofler Energies Energieeffizienz GmbH entwickelt wurden, rund 88 Prozent der bisherigen CO2-Emissionen eingespart werden. Dies gelingt durch Beleuchtungs­optimierung, Eigenstromerzeugung mit PV-Anlage sowie einer neuen Wärme­versorgung durch Einsatz eines Pelletkessels.

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Photovoltaikanlagen auf dem Dach der Firma Märkische Kiste
Photovoltaik-Anlage bei der Märkischen Kiste, Quelle: Kofler Energies GmbH

 

Dienstleister_Innen und Beratung von Berliner Unternehmen:

  • Über die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe wurde das SolarZentrum Berlin (solarwende-berlin.de) aufgebaut. Dieses berät Sie hersteller- und produktneutral zu Photothermie­anlagen und bietet eine kostenfreie Erstberatung. 
  • Der Berliner Energieatlas bietet eine Übersicht bereits bestehender Solaranlagen in Berlin als auch eine Bewertung von Flächen hinsichtlich ihres Ertragspotenzials durch Photothermie.
  • Informationen zu Vorgaben bei Erdwärmenutzung sowie eine Verortung von geothermischen Potenzialen in Berlin gibt die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz.
  • Die Berliner Wasserbetriebe bieten Ihnen eine Potenzialanalyse zur Nutzung von Wärme aus bestehenden Abwasserleitungen an. Hierfür senden Sie einfach Ihre Adresse an Herrn Kurc Hakan.Kurc@bwb.de und das hier vorhandene Wärmepotenzial wird Ihnen mitgeteilt.
  • Hersteller- und produktneutrale Beratung mit Energie-Audit bieten Energieberater. Diese Beratung können Sie sich über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bezuschussen lassen.
  • Private Ingenieurunternehmen und Energiedienstleister bieten neben Beratung auch teilweise die Planung, den Bau, die Finanzierung und den Betrieb von Wärmeerzeugungs- und Rückgewinnungsanlagen sowie die Kombination mit weiteren Technologien und Energieeffizienzmaßnahmen an. In den Unternehmens­netzwerken in Tempelhof-Schöneberg engagieren sich hierfür z. B. Bencon Energies und die Kofler Energies Energieeffizienz GmbH
  • Bei Stroom/Obeta sind Produkte wie Wärmepumpen, smarte Steuerinstrumente oder Heizkörper zu finden, die G.U.T.-Gruppe ist Fachgroßhändler für umweltfreundliche Haustechnik.
  • Zahlreiche Förderangebote gibt es bei der Investitionsbank Berlin, der KfW-Bank als auch dem BAFA