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4. Januar 2022

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Mann in Produktionshalle mit grünem Herz aus Kunstrasen.
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Bild: Schmitt

Wir Netzwerke geben Unternehmen Kraft und Stimme

Wir haben drei Vorstandsmitglieder der drei großen Unternehmensnetzwerke des Bezirks gebeten, bei einem Spaziergang über den Nutzen und die Wirkung von ­Vernetzung zu philosophieren. Mit dabei sind: Marcia Behrens (UnternehmensNetzwerk Großbeerenstraße), Ulrich Misgeld (UnternehmensNetzwerk Motzener Straße) und Gerd Thomas (Netzwerk Südkreuz) (Ein Text von Stefanie Urbach)

 

Ulrich Misgeld    Steigen wir gleich groß ein: Unsere drei Netzwerke, die wir hier vertreten, haben gerade mit insgesamt 16 Netzwerken aus anderen Bezirken einen offenen Brief an die Berliner Politik geschrieben. Mit konkreten Forderungen, wie der Industrie- und Gewerbesektor entwickelt werden sollte. Da gibt es noch viel Luft nach oben. Die kleinen und mittleren Unternehmen, die die Berliner Wirtschaft tragen, bekommen nicht immer die Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt. Wir geben ihnen Kraft und Stimme.

Gerd Thomas    Wenn man etwas bewegen will zwischen Unternehmen und Politik, sollte man entweder groß sein oder in einem Netzwerk. Aber auch für große Firmen sind Netzwerke hilfreich, um zu zeigen, dass man sich dem Sozialraum zugehörig und verantwortlich fühlt. 

Marcia Behrens    Netzwerke sind unheimlich gut darin, schnell auf die Bedarfe ihrer Unternehmen zu reagieren, schnell zu helfen. 

UM    Sie wirken aber auch in die Stadt und die Region. Wir vertreten unsere Mitglieder in etlichen anderen Netzwerken, beispielsweise im Bündnis airport region der BER-Anrainer.

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Gruppenbild von Gerd Thomas, Marcia Behrens und Ulrich Misgeld, während sie gestikulierend und sich angeregt unterhaltend durch einen Park spazieren.

MB   Stimmt, das machen wir im Netzwerk Großbeerenstraße natürlich auch. Mit unserer Initiative »Netzwerk mit Courage« haben wir uns zum Beispiel stadtweit mit Projekten vernetzt, die sich gegen Rassismus und Diskriminierung stark machen. Interessant ist übrigens, dass uns gerade dieses Projekt viele neue Mitglieder gebracht hat. Das waren Unternehmen, bei denen die Mitarbeitenden ihren Vorgesetzten gesagt haben: Wir möchten uns engagieren, sucht uns bitte mal was!

UM    Und dann haben die bei euch nachgefragt, was sie machen können. Das kennen wir auch.

GT    Bei uns genauso. Ein klares Zeichen, dass Unternehmen und ihre Mitarbeiter sich sinnvoll engagieren wollen. Wir sind immer offen für Ideen.

MB   Meinem Erleben nach nimmt das sogar zu.

GT    Besonders attraktiv ist natürlich, dass regionale Netzwerke Arbeit und Leben verbinden. Unser Gebiet am Südkreuz ist ja nicht nur Gewerbe. Da kann man sich vor Ort engagieren und die Wirkung des Engagements direkt erleben. Wir bringen Menschen aus Unternehmen, Kultur, Vereinen oder sozialen Trägern zusammen. Ich glaube, überschaubare Sozialräume tun den Menschen gut.

UM    Auf jeden Fall. Das persönliche Treffen – im echten Leben statt in den unendlichen digitalen Weiten – ist sehr wichtig. Wären wir mit unserem Gewerbe in einem Dorf oder einer mittelgroßen Stadt angesiedelt, würden wir uns jeden Sonntag beim Frühschoppen mit Bürgermeister und Pfarrer treffen und unsere Themen besprechen. 

MB   Unsere Treffen haben genau diese Qualität! Bloß ohne Pfarrer. Man tauscht sich über gesellschaftliche und betriebliche Fragen aus. Einer sagt: Ich habe das und das Problem. Der nächste sagt: So geht’s mir auch, lass uns da mal was machen! Mal sind das technische Projekte, mal geht es um Fachkräftegewinnung, mal um die Unterstützung von Schulen.

UM    Oft wirkt ein Projekt auch ins Unternehmen und gleichzeitig nach außen in die Gesellschaft. Wir haben vor vielen Jahren als Netzwerk Geld gesammelt, um eine Kita zu gründen. Mit betriebsfreundlichen Öffnungszeiten. Die Idee kam uns, weil bei uns im Gebiet so viele Menschen arbeiten wie in einem Großkonzern. Der Konzern hätte einen Betriebskindergarten. Wir haben dann eine Gebiets-Kita auf den Weg gebracht. Da werden Kinder von Mitarbeitern und aus der Nachbarschaft betreut.

MB    Dasselbe bei den vielen Schul-Kooperationen, die alle unsere Netzwerke haben. Oder die Praktika- und Azubi-Programme. Wir finden auf diese Weise den besten Nachwuchs und die jungen Menschen vor Ort haben bessere Chancen und eine gute Perspektive.

UM    Der Nutzen eines Netzwerks geht aber über die Lösung von Problemen hinaus. Man gibt oder vermittelt sich Aufträge und bekommt über die anderen viel schneller Trends und Entwicklungen mit. 

GT    Von diesem proaktiven Wissenstransfer profitieren auch Unternehmen, die noch gar nicht wissen, dass in einer neuen Entwicklung oder Technologie eine Chance für sie liegen könnte. Zum Beispiel beim Klimaschutz.

UM    Ja, die werden dann mitgerissen. Als wir im Netzwerk vor vielen Jahren auf Grünstrom umgestiegen sind, haben einige nur mitgemacht, weil sie nicht zurückstehen wollten. Inzwischen sind alle froh, dass die Gemeinschaft sie so frühzeitig in die Zukunft mitgenommen hat – und wir haben unser Null-Emissions-Projekt NEMo um zahlreiche Maßnahmen ausgeweitet.

GT   Nachhaltigkeit ist auch bei uns ein zentrales Thema. Als Netzwerk hat man da viel mehr Power, Dinge auszuprobieren. Da am Südkreuz noch vieles im Werden ist, kann man sich sehr grundsätzlich und zukunftsstrategisch einbringen.

MB   Wir haben einen Arbeitskreis KlimaPOSITIV. Zur Nachhaltigkeit gehört aber auch Soziales. Darauf liegt unser stärkster Fokus.

GT    Das gehört unbedingt zusammen! Ob die Menschen nun in einem Unternehmen arbeiten oder nebenan in einem Mietshaus wohnen oder ihre Kinder auf die Schule im Kiez schicken oder vor Ort Sport treiben – alle wünschen sich eine gesunde und friedliche Umgebung.

MB    Wer sich daran beteiligt, wird auch als Arbeitgeber attraktiver. Und durch die gemeinsame Stimme im Netzwerk wird das Engagement sichtbarer.

UM   Als Unternehmensverbund bekommt die Azubi-Akquise auch viel mehr Resonanz. Wenn 60 Unternehmen eines Netzwerks sich zusammentun und anklopfen, öffnet das Schultüren. Einzelne Betriebe haben es da schwerer. Dasselbe bei den Hochschulen. Erst wenn wir als Netzwerk an sie herantreten, wird es für sie interessant.

GT    Stimmt, aber das ist jetzt wieder die unternehmerische Perspektive. Es ist doch ein Gewinn für alle, wenn Vattenfall in der Mittagspause gegen die Gasag eine Stunde bei uns auf dem Platz Fußball spielt, oder wenn bei Ihnen, Frau Behrens, Mitarbeiter Ihrer Unternehmen coronageplagten Schülern Nachhilfe geben. Oder durch Ihr Netzwerk, Herr Misgeld, der benachbarte Naturpark einen Seminarraum bekommt. Das ist die Art von solidarischer Gemeinschaft, nach der sich alle sehnen.

UM    Vor allem in einer Metropole wie Berlin.

(Text: Stefanie Urbach aus der Wirtschaftsbroschüre veröffentlicht Juli 2021, Bilder: Erik-Jan Ouwerkerk)